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Information Mapping


Information Mapping

Information Mapping, InfoMap und IMAP sind geschützte Handelsmarken der Information Mapping Incorporation in Waltham, Massachusetts/USA. Unter diesen Bezeichnungen wird ein Konzept zur Strukturierung von Informationen und Erstellung von Dokumenten in Form von Kursen, Beratungsleistungen und Softwaretools seit 1979 [4] weltweit vermarktet. Das Konzept geht auf Robert E. Horn zurück, der es 1969 erstmals veröffentlichte [1]. Anbieter der genannten Produkte ist die ebenfalls 1969 von Horn gegründete Information Mapping Incorporation sowie lizenzierte und autorisierte Berater.

Definition

Horn [3] bezeichnet Information Mapping als Synthese von Tools und Techniken zur Strukturierung von Informationen. Nach bestimmten Prinzipien und Zugehörigkeit zu einzelnen Informationstypen werden kleine, leicht fassliche Informationseinheiten gebildet, dargestellt und hierarchisch zu größeren Einheiten verbunden.

Die Metapher Information Mapping steht für die Abbildung von Themen analog zu Elementen einer Karte (Städte, Straßen usw.). Die Abbildung soll sich aus bestimmten Elementen zusammen setzen, konsistent sein und den Umrissen des Gegenstandes in der Realität entsprechen. Eine Karte muss aus einer bestimmten Perspektive gezeichnet werden. Für „Informationskarten“ ist das die Leserperspektive.

Allgemeines

Mit dem Information-Mapping-Konzept haben dessen Schöpfer und Anbieter schon sehr früh die Bedeutung strukturierten Schreibens erkannt. Viele der darin enthaltenen Empfehlungen und Vorgaben gehören heute allerdings zum allgemein anerkannten Wissensstand in der Technischen Redaktion.

Besonders sinnvoll ist der Information-Mapping-Ansatz für die Modularisierung von Dokumenten. Die Zerlegung oder der Aufbau von Inhalten nach dem Baustein-Prinzip gewinnt mit der Verbreitung von Content-Management- und Translation-Memory-Systemen, Single Source Publishing, und vernetztem Arbeiten immer mehr an Bedeutung. Ament hat den Information-Mapping-Ansatz verbessert und besonders für die Modularisierung nutzbar und allgemein zugänglich gemacht.

Modulare Strukturierung und Standardisierung unter Nutzung von DITA kann eine sinnvolle Anwendung des Information Mapping sein [9].

Module bieten vielfältige Vorteile wie Wiederverwendbarkeit, Einheitlichkeit, getrennte Bearbeitbarkeit, Strukturiertheit und andere. Die Frage, ob oder unter welchen Bedingungen Module auch die Verständlichkeit von streng aus Modulen aufgebauten Dokumenten und Texten verbessern, erscheint durch Tests noch wenig belegt.

Quellen zu Information Mapping

Frei zugängliche Quellen mit Beschreibungen des Information Mapping Konzepts sind rar und stammen fast ausnahmslos aus dem Umfeld der kommerziellen Anbieter. Eine vollständige, systematische Beschreibung wird nur im Rahmen kommerziell angebotener Seminare gegeben.

In dem Buch „Mapping Hypertext“ [1] widmet Horn ein Kapitel der „Einführung in Information Mapping als Methode des strukturierten Schreibens“. Dort werden wesentliche Grundlagen dargestellt und die Anwendung von Information Mapping zum Erstellen von modularisiertem Hypertext beschrieben. Horns Buch aus dem Jahre 1969 [1], wurde bis vor einiger Zeit noch über die Information Mapping Incorporation vertrieben.

In einem Aufsatz von Böhler [8] wird der Leser, dass „Die Vervielfältigung und Weiterverwendung der hier enthaltenen Informationen ... nicht gestattet“ ist.

Einen umfassenden, sehr gut verständlichen Leitfaden zum Erstellen modularer Dokumente, der in wesentlichen Teilen auf dem Information-Mapping-Konzept beruht, hat Ament [2] veröffentlicht. Für spezifische Begriffe des Information Mapping verwendet Ament andere Benennungen. Das Buch ist vielleicht die beste frei zugängliche Quelle zur Anwendung des Information Mapping.

Konzept

Information Mapping wird von Horn und der Information Mapping Incorporation als Methode bezeichnet, die auf jeden Sachgegenstand und jedes Publikationsmedium angewandt werden kann. Tatsächlich zielen viele Vorgaben und Empfehlungen auf spezifische Diskurs-Domänen (Discours Domains, in [3]) und dazu gehörige Dokumenttypen ab. Ebenso werden allgemein bekannte Regeln angeführt, wie sie in den meisten Redaktionsleitfäden auch ohne Anwendung des Information Mapping zu finden sind. Man kann zwischen dem Information-Mapping-Konzept als Ganzem und seinem methodischen Kern unterscheiden, der auf einer Modularisierung von Informationen beruht.

Wissenschaftliche Grundlage und methodischer Kern

Die Anbieter von Information Mapping berufen sich auf informationswissenschaftliche und kognitionspsychologische Forschungsergebnisse aus den 50er und 60er Jahren [1]. Diesen zufolge beträgt die maximale Anzahl von Informationsmustern, die gleichzeitig im Kurzzeitgedächtnis[2] gehalten werden können, fünf bis neun (7±2-Regel). Die Speicherung im Langzeitgedächtnis erfolgt durch eine Art von Markierung der Informationsmuster [3] mit einem Bezeichner, und das sogenannte Recoding (Umcodierung). Recoding wird ermöglicht durch Verbalisieren, Visualisieren, Gruppieren und Hierarchisieren von Mustern.

Um die Verarbeitung und Speicherung im Langzeitgedächtnis zu erleichtern, sollten Informationen folglich in fünf bis neun kleinen, eigen-ständigen Einheiten mit einer Kurzbezeichnung angeboten werden. Außerdem muss das Recoding durch eine jeweils geeignete Anordnung und Darstellung der Muster unterstützt werden. Diese Schlussfolgerungen versucht Information Mapping in seinem methodischen Kern umzusetzen.

Ausgangspunkt der Umsetzung ist die Modularisierung [4] von Informationen nach bestimmten Regeln. Als Module werden zunächst sogenannte Blocks gebildet, die wiederum zu Maps zusammengefasst werden. Maps werden zu Kapiteln, diese gegebenenfalls zu Abschnitten oder Dokumenten organisiert. Modularisierungsregeln sind die sogenannten sieben Prinzipien [5].

Prinzipien

 

Chunking

·         Portionierung von Information in „Häppchen“-Module

·         Ein Modul steht für ein Muster (Chunk). Module sind in sich abgeschlossen und sollen für sich allein stehen können.

·         Für die Anzahl der Unter-Module gilt die 7±2-Regel.

·         Blocks als kleinste Module bestehen aus höchstens sieben Sätzen, wenn sie als Fließtext aufgebaut sind.

Relevanz

·         Ein Modul steht für ein Thema das einen Informationszweck oder einer Funktion für den Leser hat.

·         Das Thema kann (in der Regel) den sieben Informationstypen zugeordnet werden und darf nur die jeweils notwendige Information enthalten.

Konsistenz

Für ähnliche Themen oder Gegenstände sind ähnliche Wortwahl, Betitelung, Modulabfolge und ähnliches Format zu wählen.

Betitelung

Ein Modul wird nach bestimmten Regeln mit ein bis drei Worten betitelt.

Optimale Darstellung

Je nach Inhalt werden zur Darstellung Fließtext, Listen, Tabellen (verschiedene Arten) oder Graphik ausgewählt.

Verweise und Zusatzinformationen

 

Module und Inhalte werden zusätzlich organisiert durch:

·         Verweisinformationen (Querverweise, Inhaltsverzeichnisse, Indexe, Glossare, Abkürzungsverzeichnisse, Formellisten) und

·         Lerninformationen (Übersichten, Vergleiche, Zusammenfassungen, Lernziele, Testfragen).

 

Informationstypen

Das Prinzip der Relevanz beinhaltet die Zuordnung des Inhalts der einzelnen Module zu bestimmten Informationstypen. Dadurch wird der Inhalt eines Moduls begrenzt. Nach Horn [3] decken sieben Informationstypen 90 Prozent des für ein Dokument erforderlichen Inhaltes ab. Diese Informationstypen beschreiben jeweils Prozeduren, Prozesse, Prinzipien, Begriffe, Strukturen, Klassifikationen und Fakten. Mit den Informationstypen sind bestimmte Darstellungsarten verknüpft. Eine Beschreibung des Informationstyps und die Darstellungsart sind in Tabelle 1 wiedergegeben.

Informationstyp

Beschreibung

Darstellungsart

Prozedur

Abfolge von Handlungen (Handlungsschritte)

Schritt- oder Entscheidungstabelle, Flussdiagramm

Prozess

Abfolge von Ereignissen oder Phasen

Schritt-, Entscheidungs-, Wenn-Dann-Tabelle, Blockdiagramm

Prinzip

Regel, Bedingung, Sicherheits-hinweis, Vorschrift, Gesetz, Ziel

Fließtext

Begriff

Definition, Beispiel, Gegen-beispiel

Fließtext

Struktur

Abbildung oder Beschreibung eines physischen Objekts

Text, Komponenten- oder Komponenten-Funktions-Tabelle

Klassifikation

Einteilung von Objekten in Kategorien

Baumdiagramm, Tabelle

Fakt

Eigenschaften und Daten ohne erläuternde Information

Text, Tabelle

Tabelle 1 Informationstypen nach Horn [3]und Böhler [6]

Weitere Konzeptbestandteile

Neben dem methodischen Kern des Information Mapping, in dem Modularisierungsregeln aufgestellt werden, bietet Information Mapping weitere Techniken und Empfehlungen für die Strukturierung von Dokumenten. Zu nennen sind zum Beispiel Empfehlungen für die Vorgehensweise, Layoutempfehlungen und Anwendung auf unterschiedliche Dokumenttypen.

Vorgehen beim „Mappen“ von Informationen:

·         Materialsammlung, (Quelltexte, Interviews)

·         Analyse der Leserbedürfnisse (Bedürfnisse des Lesers nach Anleitung und Vermittlung von Kenntnissen)

·         Analyse der Inhalte (Schlüsselblockmatrix – Auswahl der Blöcke, mit dem für eine Map zentralen Informationstyp)

·         Schreiben der Module Organisation der Module (Bestimmung der Abfolge der Module)

·         lesergerechte Formatierung

·         redaktionelle Überarbeitung

Für die Darstellung werden bestimmte Layouttypen und unterschiedliche Tabellenformen und Grafiken empfohlen.

Für die universelle Anwendbarkeit des Information-Mapping-Konzepts auf verschiedene Arten von Informationen und Dokumenten führt Horn Gegenstandsbereiche (Discourse Domains) auf:

·         Stabile Sachthemen

·         Forschungsberichte und Ergebnisdarstellungen

·         Debatten und Analysen strittiger Themen.

Den Gegenstandsbereichen werden einschlägige Dokumenttypen zugeordnet. Zu Stabilen Sachthemen gehören beispielsweise Manuals, Tutorials, Anleitungen usw. Zu den Dokumenttypen werden Listen der häufigsten Blocktypen zusammen gestellt.

Kritik

Horn und die kommerziellen Anbieter von Information Mapping führen wissenschaftliche Grundlagen und Studien an, die die Fundierung und das enorme Verbesserungspotential der Methode unterstreichen sollen. So soll Information Mapping die Lesegeschwindigkeit, Lernzeit, Suchzeit, Schreibzeit, Verständnis und Beherrschung von Lernstoff um 10 bis 80 Prozent verbessern.

Bei Jansen u.a. [7] wird darauf hingewiesen, dass die angeführten Vergleichsstudien teilweise unveröffentlicht oder schwer zugänglich sind und häufig nicht wissenschaftlichen Kriterien genügen. Dass ein nach Information-Mapping-Konzept umgestalteter Fließtext deutliche Verbesserungen mit sich bringt, liegt nahe. Bei Vergleichsstudien müssen demnach die Ausgangslage und die Fähigkeiten der Testpersonen sorgfältig beachtet werden. Jansen u.a. [7] haben das in einer Studie getan und konnten keine signifikanten Vorteile einer „gemapten“ Dokumentversion gegenüber anderen erprobten Versionen feststellen.

Die kognitionswissenschaftlichen Hypothesen, auf denen der Information-Mapping-Ansatz beruht, haben nach wie vor prinzipiell Gültigkeit. Jüngere Studien (zum Beispiel [8]) gehen allerdings nicht mehr von einer festen Gedächtnisspanne (7±2-Regel, Millersche Zahl) aus. Sie zeigen, dass Fokussierung und Aufmerksamkeit großen Einfluss auf das Arbeitsgedächtnis haben. Die strenge Einhaltung der 7±2-Regel bei der Strukturierung von Informationen ist auch aus pragmatische Gründen nicht immer sinnvoll (zum Beispiel bei größeren Listen).

Die Tiefe der Strukturierung endet beim Information Mapping auf der Block-Ebene (vergleichbar der Absatzebene). Die Satz- und Wortebene wird nicht betrachtet oder entsprechende Festlegungen werden auf den Redaktionsleitfaden „verschoben“. Besonders bei Anleitungen und technischen Dokumentationen ist das aber häufig sinnvoll oder erforderlich. Die Funktionsdesign-Methode beispielsweise umfasst auch diese Ebenen. Dort werden Sequenzen aus Funktionalen Einheiten gebildet, die auch einzelne Sätze darstellen können und Festlegungen für einzelne Auszeichnungselement getroffen.

Erkenntnisse aus der Linguistik wie die Sprechakttheorie, die der Funktionsdesign-Methode zugrunde liegt, werden vom Information Mapping nicht berücksichtigt. (Obwohl die funktionale Einteilung in Informationstypen eine ähnliche Vorgehensweise darstellt.)

Der methodische Kern des Information Mapping lässt sich sicherlich auf sehr viele Inhalte anwenden. Letztlich sind viele Vorgaben des Information Mapping aber für spezifische Dokumenttypen gedacht. Diese zusätzlichen Vorgaben gehören inzwischen zur anerkannten Vorgehensweise in der Technischen Redaktion.

Da Information Mapping

Literatur

[1]  Horn, Robert E. 1969. Information Mapping for Learning & Reference.

[2]  Ament, Kurt. 2003. Single Sourcing. Building Modular Documentation. Norwich: William Andrew Publishing.

[3]  Horn, Robert E. 1989. Mapping Hypertext. Lexington: Lexington Institute.

[4]  Information Mapping Incorporation. 1999. The Information Mapping® Method - 30 Years of Research. http://www.infomap.com/documents/IMI%20history%20and%20results.pdf (letzter Zugriff 09.02.2009)

[5]  Information Mapping Incorporation. http://www.infomap.com/index.cfm/TheMethod (letzter Zugriff 09.02.2009)

[6]  Böhler, Klaus. 2008. Die Strukturierungsmethode Information Mapping. In: Muthig, Jürgen (Hrsg.). Standardisierungsmethoden für die Technische Dokumentation. tekom-Hochschulschriften Band 16. Lübeck: Schmidt-Römhild

[7]  Jansen, Carel et al. 2003. Testing an Information Mapping text. In: Document Design 4(1), 48-59.

[8]  Psychologists Demonstrate Simplicity Of Working Memory. http://www.sciencedaily.com/releases/2008/04/080423171519.htm (letzter Zugriff 09.02.2009)

[9]  Siegel, Siegfried. 2008. Ein Regelwerk für DITA. In: Technische Kommunikation 03/08, 57-60.

[10] http://www.teachforce.ch/imap/info/IMAP_Beispiel.pdf



[1] In [3] werden George Miller und Herbert Simon zitiert.

[2] Nach neueren Forschungen wird nicht mehr von einer modularen Trennung von Langzeit- und Kurzzeitgedächtnis ausgegangen. Stattdessen wird der Begriff Arbeitsgedächtnis als kurzzeitig aktivierte Gedächtnisregion verwendet.

[3] Die Muster werden als chunks, zu deutsch Brocken oder Häppchen, bezeichnet, die Einteilung in solche Muster als chunking.

[4] Der Begriff Modularisierung wird bei Horn in diesem Zusammenhang nicht verwendet,. bei Ament ist er aber grundlegend.

[5] Prinzipien nach Horn [3].

 

(Verfasser: Peter Frahm; Stand 16.02.2009)

 




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