Funktionsdesign®
Das Funktionsdesign ist eine Technik zur Standardisierung und Strukturierung für Technische Dokumentation, entwickelt von Prof. Robert Schäflein-Armbruster (Furtwangen) und Prof. Jürgen Muthig (Karlsruhe). Funktionsdesign ist seit 2006 als Marke geschützt.
Die Methode Funktionsdesign ist besonders dazu geeignet, Technische Dokumentationen zu planen und effizient, konsistent und anwenderfreundlich zu erstellen.
Wissenschaftliche Grundlagen
Die Funktionsdesign-Methode wurde aus der sprachwissenschaftlichen Sprechakt-Theorie heraus entwickelt [3]. Diese Sprechakt-Theorie besagt, dass mit sprachlichen Äußerungen (gesprochen und geschrieben) nicht nur Sachverhalte beschrieben, sondern darüber hinaus gleichzeitig Handlungen (sogenannte „Akte“) vollzogen werden, die bestimmte Funktionen haben. Das können beispielsweise Befehle, Benennungen, Versprechen, Warnungen usw. sein. Auf den Bereich der Technischen Dokumentation übertragen, vollzieht jeder Satz, jeder Abschnitt oder jede Abbildung eine bestimmte Handlung, hat also eine klare Funktion.
Wird das Funktionsdesign konsequent angewendet, so kann der Redakteur immer eindeutig sagen [3]:
- Welche Funktion erfüllt dieser Satz, dieser Abschnitt oder dieses Bild für den Leser?
- Sind alle relevanten Informationen da und ist Überflüssiges vermieden?
- Steht der Abschnitt genau an der richtigen Stelle?
- Sind Satzbau und Formulierung optimal?
Damit lässt sich stets nachprüfen, ob alle Teile der Technischen Dokumentation die geforderte Funktion auch erfüllen.
Funktionale Elemente
Nach der Theorie des Funktionsdesigns [2] entstehen Informationsprodukte aus definierten Funktionalen Elementen. Mit Hilfe dieser Funktionalen Elemente wird jedem Textteil eine eindeutige Funktion zugeordnet.
Diese Funktionalen Elemente gliedern sich in die vier Ebenen
- Informationsprodukt,
- Sequenzmuster (auch: Informationseinheit),
- Funktionale Einheit und
- Auszeichnungselemente.
Dabei ist ein Funktionales Element der jeweils höheren Ebene aus den Elementen der darunterliegenden aufgebaut. So bestehen beispielsweise Informationsprodukte aus Sequenzmustern, Sequenzmuster aus Funktionalen Einheiten usw.
Ebene 1: Das „Informationsprodukt“
Das Informationsprodukt entspricht dem klassischen Dokument, z.B. Betriebsanleitung, Servicehandbuch oder Kurzanleitung. Informationsprodukte mit definierten Funktionen werden mit Hilfe des Funktionsdesigns konsistent strukturiert. Kapitel und Unterkapitel werden entsprechend der Zielgruppe in die optimale Reihenfolge gebracht (Makrostruktur der Dokumente). Damit kann der Autor die wichtigen Inhalte klar platzieren und der Leser diese schnell auffinden.
Ebene 2: Das „Sequenzmuster“
Die Informationsprodukte bauen sich aus sogenannten Sequenzmustern auf. Sequenzmuster sind die typischen Abfolgen oder auch „kommunikativen Muster“, die in allen Informationsprodukten auftreten. Beispiele für Sequenzmuster sind etwa die Handlungsanleitung, die Produktbeschreibung oder der Wartungsplan. Die innere Struktur der Sequenzmuster muss sorgfältig erarbeitet und den Bedürfnissen der Nutzer angepasst werden.
Ebene 3: Die Funktionale Einheit
Funktionale Einheiten sind der eigentliche Kern der Dokumente und bilden in definierter Reihenfolge die Sequenzmuster. Jedem Teil eines Dokumentes kann eine bestimmte kommunikative Funktion zugeordnet werden. Damit ist er als bestimmte Funktionale Einheit identifizierbar. Funktionale Einheiten sind beispielsweise die Themenangabe, die Handlungsaufforderung, das Resultat einer Handlung usw.
Für jede Funktionale Einheit müssen bestimmte Festlegungen getroffen werden, z.B. welchem Formulierungsmuster sie folgt, wie sie gestaltet wird, welche Vorgänger- und Nachfolger-Einheiten zulässig sind und für welche kommunikativen Zwecke sie eingesetzt wird. Durch die Festlegung der Formulierungsmuster wie Satzbau, Serialisierung und ggf. auch Terminologie wird eine Einheitlichkeit der Texte erreicht, und es ergeben sich auch ggf. Einsparungen bei der Übersetzung.
Ebene 4: Die Auszeichnungselemente
Auf der untersten Ebene des Funktionsdesigns können Gruppen von Auszeichnungselementen festgelegt werden, die jeweils einer bestimmten Kategorie entsprechen. Durch eine eindeutige typographische Darstellung soll den Nutzern auf den ersten Blick klar sein, zu welcher Kategorie das Auszeichnungselement gehört. Typische Beispiele für Auszeichnungselemente beispielsweise auf dem Display eines Gerätes sind Anzeige, Druckausgabe, Menü, Schaltfläche usw.
Umsetzung der Funktionsdesign-Methode
Die Entwicklung eines Funktionsdesign-Standards lässt in den folgenden Schritten darstellen [2]:
- Analyse der Dokumentationsprozesse und ggf. deren Neudefinition,
- Analyse und Bewertung der existierenden Informationsprodukte und Analyse der zukünftigen Anforderungen,
- Auswahl und Klassifizierung der Informationsprodukte, die standardisiert werden sollen,
- Definition der erforderlichen Funktionalen Elemente für die ausgewählten Informationsprodukte,
- Erstellung eines Leitfadens für Autoren (Redaktionsleitfaden), der die Festlegungen für jedes Sequenzmuster und Funktionale Element enthält,
- Einführung der Sequenzmuster und Funktionalen Elemente als Module in das Redaktionssystem (Content Management System) mit Definition von Erfassung, Archivierung und Publishing der Module und schließlich
- Schulung und Erstellung von Musterdokumenten, um den Redakteuren den Einsatz der Module zu erläutern.
Das Funktionsdesign als Strukturierungs- und Standardisierungsmethode eignet sich besonders für das Single Source Publishing. Die für die verschiedenen Funktionalen Elemente definierten Strukturen können dabei direkt in DTDs oder Schema-Dateien überführt werden. Die Strukturierung von Dokumentation mit Hilfe des Funktionsdesigns ist sehr gut mit standardisierten XML-Architekturen wie DITA oder DocBook zu kombinieren [1].
Literatur zu Funktionsdesign
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[1] Closs, Sissi. 2007. Single Source Publishing. Topicorientierte Strukturierung und DITA. Software & Support Verlag GmbH. ISBN 978-3-935042-98-7, S. 111-113 |
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[2] Muthig, Jürgen; Schäflein-Armbruster, Robert. 2008. Funktionsdesign® - methodische Entwicklung von Standards. In: Muthig, Jürgen (Hrsg.). Standardisierungsmethoden für die Technische Dokumentation. Lübeck: Schmidt-Römhild. ISBN 978-3-7950-7066-3 |
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[3] Schäflein-Armbruster, Robert. 2004. Planen, Strukturieren, Standardisieren mit Funktionsdesign. Furtwangen: FH Furtwangen |
(Verfasser: Angela Matthies; Stand 22.02.2009)