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Visualisierung


Visualisierung

Mit Visualisierung bezeichnet man die Informationsvermittlung ohne Worte.

Visualisierungen machen etwas nicht Sichtbares, wie Strukturen oder Prozesse mit Hilfe eines Bildes sichtbar. Das Kernwort hier lautet: "Veranschaulichung".

Sprachlich oder logisch schwer formulierbare Zusammenhänge werden durch Visualisierung nachvollziehbar.

Visualisierung in der Technische Dokumentation

Die Visualisierung ist ein elementarer Bestandteil der Technischen Dokumentation. Dadurch können schwierige Sachverhalte schnell und verständlich dargestellt werden. Visualisierungen können auch als Anleitungen und Erklärungen dienen.

Bildtypen in der Visualisierung

(Quelle: [2] Ballstaedt, Steffen-Peter: Visualisierung: Bilder in der technischer Kommunikation, ab Seite 3)

In der Visualisierung werden verschiedene Bildtypen unterschieden. Dazu spielen zwei Punkte eine entscheidende Rolle:

  • Jeder Bildtyp dient bestimmten kommunikativen Basisfunktionen
  • Jeder Bildtyp stellt bestimmte Anforderungen an die Wahrnehmung und an die mentale Verarbeitung

Visualisierungen werden in nichtrepräsentationalen Bildern, Abbilder (repräsentationale Bilder), Charts (analytische Bilder), Diagramme, Piktogramme (Icons), Karten und komplexe Bilder (Hybride) aufgeteilt.

Nichtrepräsentationale Bilder

Zu den nichtrepräsentationalen Bildern zählt man grafische Elemente, abstrakte Bilder und Ornamente. Dieser Bildtyp bildet nichts ab, er vermittelt nur ein ästhetisches Erlebnis.

Abbilder (Abbildungen, repräsentationale Bilder)

Dazu gehören Realbilder wie Fotos, Realistische Zeichnungen, Gemälde, Texturierte Abbilder, Linienbilder (Strichzeichnungen), Umrissbilder und Schemabilder.

Charts (analytische Bilder)

Mit Charts werden begriffliche, mentale Zusammenhänge und Informationen übersichtlich dargestellt. Sie werden als echte Visualisierungen bezeichnet, die qualitative Zusammenhänge veranschaulichen.

Zu den so genannten Charts werden Tabellarische Charts, Zeitcharts, Prozesscharts (Flowchcharts sind nach der DIN 66001 standardisiert), Organisationscharts wie Organigramme (sie repräsentieren Beziehungsgeflechte), Netzwerke, Mind Maps, Concept Maps und Semantische Netzwerke gerechnet.

Diagramme

Auch Diagramme zählen zu den echten Visualisierungen. Beispiele für Diagramme sind: Kreisdiagramme, Balkendiagramme, Säulendiagramme, Liniendiagramme, Streudiagramme und noch viele mehr. Sie zeigen quantitative Zusammenhänge.

Piktogramme (Icons)

Piktogramme werden in der technischen Dokumentation häufig als Warnzeichen verwendet. Man unterscheidet abbildende Piktogramme, so genannte ikonische Piktogramme und symbolische Piktogramme. Sie gelten als einfache, schematisierte Bildchen.

Piktogramme kombinieren oft verschiedene Zeichen.

Die abbildenden (ikonischen) Piktogramme beinhalten auf das wesentliche reduzierte Merkmale, (Beispiel: Verkehrsschilder). Die symbolischen Piktogramme bestehen aus visuellen Symbolen, die oft eine kulturelle Bedeutung haben

Karten

Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Kartentypen. Die geläufigsten sind physische Karten und thematische Karten. Sie unterscheiden sich folgendermaßen:

  • die physische Karte ist eine zweidimensionale Projektion der Erdoberfläche
  • die thematische Karte stellt zusätzliche Informationen, wie beispielsweise verschiedene Farben für Bevölkerungsdichte, in symbolischer Form dar.

Sie kombinieren Abbild und Visualisierung. Als Abbild gelten sie durch den Blick von oben auf die Karte und als Visualisierung, weil sie nicht sichtbare Informationen enthalten.

Komplexe Bilder (Hybride)

Es werden Isotypen und Infografiken unterschieden. Dies sind sehr komplexe Bilder oder Mischformen (Hybride), die verschiedene Darstellungsformen kombinieren. Die Isotype ist eine Variante eines Diagramms, welches mit Piktogrammen dargestellt wird. Die Anzahl und die Anordnung der Piktogramme soll auf den ersten Blick eine Mengenverteilung vermitteln. Bei der Infografik werden Text und Bild miteinander kombiniert. Isotype kommt von (englisch International System of Typographic Picture Education). Um technisches Wissen zu vermitteln ist die Infografik eine oft verwendete Visualisierung in der technischen Dokumentation. Die Isotype wird in der technischen Dokumentation eher selten verwendet.

Visuelle Wahrnehmung des Menschen

Die visuelle Wahrnehmung des Menschen ist sehr komplex und aktiv. Aktiv deshalb, weil bei jeder Informationsaufnahme ein Abgleich mit früher gemachten Erfahrungen, sowie mit Erwartungen stattfindet. Muster können vom Menschen wieder erkannt werden. Ein Objekt kann mehr oder weniger deutlich von einem Hintergrund unterschieden werden. Auch erkennt der Mensch ein Objekt aus unterschiedlichen Perspektiven und in unterschiedlichen Größen wieder, selbst wenn es in Bewegung

ist. Zur visuellen Wahrnehmung gehört das Gestaltkonzept. Verschiedene Elemente, die als Einheit wahrgenommen werden, werden als Gestalt bezeichnet. Der Mensch kann einfache, symmetrische und regelmäßige Gestalten besser wahrnehmen und erinnern als komplexe, unsymmetrische Gestalten.

Nachfolgend die sechs wichtigsten Gestaltgesetze, die zur Voraufmerksamen Verarbeitung gehören:

(Quelle: [2] Ballstaedt, Steffen-Peter, Visualisierung: Bilder in der technischen Kommunikation, Seite 26)

  1. Gesetz der räumlichen Nähe, d.h. benachbarte Elemente werden zu einer Gruppe zusammengefasst.

 

  1. Gesetz der Ähnlichkeit, bedeutet dass gleiche Elemente zu einer Gruppe zusammengefasst werden.

 

  1. Gesetz des abgeschlossenen Umrisses, sagt aus, das offene Darstellungen in der menschlichen Wahrnehmung geschlossen werden.

 

  1. Gesetz der Fortsetzung, es wird der einfachste Verlauf von Linien angenommen.

 

  1. Gesetz des gemeinsamen Bereiches, grafisch unterlegte Elemente werden als zusammengehörig empfunden.

 

  1. Gesetz des Zusammenhangs, grafisch miteinander verbundene Elemente werden ebenfalls als zusammengehörig empfunden.

 

Die mentale Verarbeitung von Visualisierungen wird auf den folgenden vier Ebenen unterschieden:

  1. Voraufmerksame Verarbeitung: Die Ebene der voraufmerksamen Verarbeitung ist für den ersten Eindruck verantwortlich. Die Prozesse der voraufmerksamen Verarbeitung laufen automatisch ab und können vom Menschen nicht beeinflusst werden. Wichtig für die technische Dokumentation ist: Eine Szene oder einen abgebildeten Gegenstand immer in der gewohnten Ansicht zeigen, da diese am schnellsten verstanden wird. Das Bild muss übersichtlich gegliedert und eindeutig organisiert sein.
  2. Aufmerksame Verarbeitung: Detailauswertung durch Blickbewegungen, Einzelne Bildbereiche werden aufmerksam betrachtet. Dies wird über zwei Mechanismen gesteuert: Der reflektorischen Zuwendung, d.h. Aufmerksamkeit erregende Anreize, wie grelle Farben und der willentlichen Exploration, was bedeutet, dass einige Bildbereiche fixiert und verarbeitet werden. Wichtig für die technische Dokumentation ist: Visuelle Effekte oder Hervorhebungen (Beispiel: andersfarbige Bereiche) einbringen, visuelle Komplexität vermeiden, lieber schematisierte Abbildungen als Realbilder, da diese ablenken können. Das Bild nicht zu groß darstellen und nicht zuletzt die zentralen Bildinhalte auf einer Diagonalen von links oben nach rechts unten darstellen, da der eilige Betrachter ein Bild von der linken oberen Ecke zur rechten unteren Ecke anschaut.
  3. Interpretative Verarbeitung: Bei der interpretativen Verarbeitung geht es um das inhaltliche und indikatorische Verstehen der Darstellung. Zum Inhalt stellt sich der Betrachter zwei Fragen (nach Göpferich, 1998, Seite 47 [4]): Was wird abgebildet (Referenzverstehen)? Was wird darüber ausgesagt (Prädikationsverstehen)? Beim indikatorischen Verstehen des Bildes geht es um die Frage: Warum wird etwas abgebildet? Wichtig für die technische Dokumentation ist: Visuelle Darstellungskonventionen verwenden, die dem Zielpublikum bekannt sind. Bilddetails benennen und Zusammenhänge textlich beschreiben.
  4. Rekonstruktive Verarbeitung: Bedeutet Abruf und Nutzung visuellen Wissens.

 

Alle vier Prozesse laufen nicht nacheinander sondern gleichzeitig ab.

Visuelle Darstellungskonventionen

Die visuellen Darstellungskonventionen sind Vereinbarungen zur bildlichen Präsentation von Inhalten, die normalerweise nicht darstellbar sind. Dazu gehören beispielsweise Sprech- oder Gedankenblasen in Comics, oder Linien, die eine Bewegung nachzeichnen. Darstellungskonventionen sollen die Verarbeitung und das Verstehen eines Bildes steuern. Es gibt drei Möglichkeiten der bildlichen Steuerung:

  • das visuelle Zeichen (Bezugslinien, Pfeile, …)
  • die grafische Hervorhebung (Einfärbung, Ausschnittvergrößerung, …)
  • das kompositorische Mittel (Explosivzeichnung, Schnittbilder, …)

Visuelle Darstellungskonventionen entstehen in den Kulturen und müssen erlernt werden.

Nachfolgend häufig anzutreffende Darstellungskonventionen:

Bezugszeichen

Bezugszeichen sind Buchstaben oder Ziffern in der Grafik, die meist neben der Grafik oder auf einer anderen Seite erläutert werden. Auch Maß- oder Hinweislinien zählen zu den Bezugszeichen.

Perspektive

In der perspektivischen Darstellung versucht man, die dreidimensionale Realität auf einer zweidimensionalen Fläche abzubilden. In technischen Darstellungen wird häufig die isometrische Perspektive verwendet.

Explosionsdarstellung

Einzelne Bauteile einer Gerätes oder einer Gesamtheit können räumlich zugeordnet werden. Die Explosionsdarstellung wird sehr häufig in Montage- als auch Demontageanleitungen verwendet.

Transparent- oder Phantombilder

Diese Art von Bildern wird transparent dargestellt, um das Innenleben des Gegenstandes zeigen zu können.

Schnittbild

Ähnlich dem Transparentbild zeigt das Schnittbild das Innenleben eines Gegenstandes.

Ausschnittvergrößerung/Detailansicht

Teile eines Gegenstandes werden oft mit Hilfe einer Lupe vergrößert dargestellt. Ort und Detail des Teilbereiches eines Gegenstandes werden in einer Abbildung dargestellt.

Pfeile

Pfeile werden in allen Arten von Visualisierungen verwendet. Beispielsweise als Richtungspfeil auf Karten, als Hinweispfeil auf bestimmte Bereich einer Darstellung, oder auch als Maßpfeile. Zunächst als Pfeil mit Widerhaken und Federschaft wurde er immer mehr schematisiert.

 

Literaturliste

[1] Ballstaedt, Steffen-Peter: Visualisierung in Technischer Dokumentation, in Hennig, Jörg und Tjarks-Sobhani, Marita (Hg.), Schriften zur Technischen Kommunikation, Verlag Schmidt-Römhild, Lübek 2003

[2] Ballstaedt, Steffen-Peter: Visualisierung: Bilder in der technischen Kommunikation, Zertifikatslehrgang Technical Writing/Technische Dokumentation 2005/2006

[3] Ballstaedt, Steffen-Peter: Zur Verständlichkeit von technischen Bildern. In Hennig, Jörg und Tjarks-Sobhani, Marita (Hg.), Verständlichkeit und Nutzungsfreundlichkeit von technischer Dokumentation, Verlag Schmidt-Römhild, Lübeck 1999

[4] Göpferich, Susanne: Interkulturelles Technical Writing, Fachliches adressatengerecht vermitteln, Ein Lehr- und Arbeitsbuch, Narr Verlag, Tübingen 1998

[5] Sachs-Hombach, Klaus: Das Bild als kommunikatives Medium, Elemente einer allgemeinen Bildwissenschaft, Herbert von Halem Verlag, Köln 2003


(Verfasser: Manfred Dicke, 22.02.09)




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